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Stipendieninitiative – Ein Zukunftsprojekt der Jungen wurde abgelehnt

Travail.Suisse bedauert zutiefst die Ablehnung der Stipendieninitiative. Diese Initiative war ein Zukunftsprojekt der jungen Generation. Mit ihr wollten sie die Bildungschancen der jungen Erwachsenen verbessern, unabhängig davon, ob sie den Berufsbildungsweg oder den allgemeinbildenden Weg gewählt haben.

Mit der Ablehnung der Stipendieninitiative ist ein Zukunftsprojekt der jungen Generation beerdigt worden. Diese Initiative wollte die Bildungschancen für alle verbessern. Die Initianten sind mit der Überzeugung angetreten, dass nicht das Einkommen der Eltern und der Wohnort, sondern allein die Leistung und die Begabung darüber entscheiden dürfen, ob jemand eine höhere Bildung machen kann oder nicht.

Diese Anliegen sind nun vom Stimmvolk unverständlich hoch abgelehnt worden. Leider löst der indirekte Gegenvorschlag des Bundes die Probleme des Stipendienwesens in der Schweiz nicht, vor allem weil er keine materielle Harmonisierung bringt und die finanziellen Beiträge des Bundes an die Kantone nicht leistungsabhängig ausgeschüttet werden. Die Schweiz hat eine Chance verpasst, die ihr die junge Generation offeriert hat.

Ausbildungsbeitragsgesetz

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat Travail.Suisse aufgefordert, zur Stipendieninitiative und zur Totalrevision des Ausbildungsbeitragsgesetzes (13.058n) schriftlich Stellung zu nehmen. Am 20. September 2013 wurde folgender Brief an die WBK-N geschickt:

Sehr geehrte Nationalrätinnen und Nationalräte der WBK-N

Gerne kommen wir Ihrer Bitte entgegen, eine schriftliche Stellungnahme zur Totalrevision des Ausbildungsbeitragsgesetzes zu verfassen.

Die Leistung des Ausbildungsbeitragsgesetzes (ABBG)

Mit dem Ausbildungsbeitragsgesetz wird die Frage beantwortet: An welchen Grundsätzen orientiert sich der Bund bei der Ausrichtung der Ausbildungsbeiträge an die Kantone? Die Antwort lautet: an den Grundsätzen des Stipendienkonkordats der Kantone ohne Berücksichtigung des Artikels 15. Damit verpflichtet der Bund auch jene Kantone zur Einhaltung der Grundsätze des Stipendienkonkordats (ohne Artikel 15), die dem Konkordat nicht beitreten, aber trotzdem Bun-dessubventionen erhalten wollen. Das ist die positive Leistung dieses Gesetzes und als solche zu würdigen.

Das ABBG führt in die Sackgasse

Mit der Entscheidung, die Bundessubventionen an die Kantone an die Grundsätze des Stipendi-enkonkordats der Kantone zu binden, hat der Bundesrat jegliche eigenständige Stipendienpolitik im Hinblick auf die Kantone aus der Hand gegeben und hat sich damit in eine Sackgasse bege-ben. Er begründet das mit „Respekt vor der Autonomie und der Verantwortlichkeit der Kantone“ . Weitergehende Reglementierungen hinsichtlich der Ansprüche der Studierenden, die von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmern verlangt wurden, wurden deshalb vom Bundesrat auch abgelehnt, ohne allerdings auf eine materielle Diskussion in Bezug auf die aufgeworfenen Fragen einzutreten. Dies betrifft zum Beispiel die Alterslimiten oder das Problem der Freizügigkeit.

Das ABBG schwächt das Stipendienkonkordat

Der Bundesrat verzichtet nicht nur auf eine eigenständige Stipendienpolitik im Hinblick auf die Kantone. Er schwächt mit seinem ABBG auch die Bestrebungen der Kantone zur Harmonisierung des Stipendienwesen, indem er auf die Aufnahme des Artikels 15 des Stipendienkonkordats verzichtet. Im Artikel 15 geht es um die Höhe der Ausbildungsbeiträge. Es geht also um einen ganz zentralen Punkt des Ausbildungsbeitragswesen, der bisher einer der Ärgernisse im Stipendienwesen der Schweiz war, nämlich die finanzielle Ungleichbehandlung der Studierenden je nach Kanton. Indem der Bundesrat gerade den Artikel 15 des Stipendienkonkordats nicht ins ABBG übernimmt, schwächt er das Stipendienkonkordat. So können auch Kantone Bundesgelder bekommen, die die minimalen finanziellen Regelungen des Stipendienkonkordats nicht einhalten. Ob das der Chancengerechtigkeit dient?

Die interessanteste Bestimmung wurde aus der bundesrätlichen Vorlage gekippt

In der Vernehmlassungsvorlage war noch vorgesehen, dass die Subventionen des Bundes im Bereich der Ausbildungsbeiträge an die effektiven Aufwendungen der Kantone zu binden sind. Für Travail.Suisse war das die wichtigste Bestimmung des neuen Gesetzes, weil damit ein minimaler Anreiz für die Kantone geschaffen wird, ihre Stipendien zu erhöhen. In der bundesrätlichen Vorlage ist man aber wieder zur Ausrichtung der Bundessubvention nach Wohnbevölke-rung zurückgekehrt. Damit hat sich der Bund auch in dieser Hinsicht geschwächt.

Zusammenfassung

1. Der bundesrätliche Vorschlag ist in keiner Art und Weise eine Antwort auf die Stipendieniniti-ative des Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS). Der Bundesrat löst nur sein eigenes Problem, nämlich nach welchen Kriterien er die Gelder an die Kantone verteilen soll. Dabei ist ihm die Autonomie der Kantone so wichtig, dass er sogar seine eigenen guten Ideen wieder zurücknimmt. Auf die Anliegen der Studierenden tritt er überhaupt nicht ein.

2. Das ABBG kann noch minimal verbessert werden, wenn das Kapitel 15 des Stipendienkon-kordats in die Kriterienliste aufgenommen und die Ausrichtung der Bundessubventionen an den effektiven Aufwendungen orientiert wird.

3. Die Philosophie des Bundesrates, seine Subventionspolitik am Stipendienkonkordat der Kantone zu orientieren, macht es überaus schwer, noch weitere Kriterien ins ABBG aufzunehmen. Dabei gibt es im Stipendienkonkordat Regelungen, die ins letzte Jahrhundert zu-rückreichen, wie die Definition einer Alterslimite von 35 Jahren. Angesichts des lebenslangen Lernens sind solche Alterslimiten überholt. Will der Bund wirklich in ein neues Gesetz solch veraltete Regelungen aufnehmen?

Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung unserer Anliegen.

Bruno Weber-Gobet, 20.09.13