Schlagwort-Archive: Fachkräftemangel

Hausärzte gewinnen, aber wie?

Die Schweiz braucht mehr Ärzte, insbesondere Hausärzte. Der Bund will deshalb in den Aufbau neuer Studienplätze investieren. 100 Millionen möchte er dazu zur Verfügung stellen. Es sollen dabei jene Studienorte den Zuschlag erhalten, welche bestrebt sind, die Anzahl der Hausärzte und Hausärztinnen zu erhöhen. Welche Massnahmen sind aber dazu geeignet, mehr junge Ärzte und Ärztinnen für den Hausarztberuf zu gewinnen? Ein Blick auf zwei Studien.

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Berufsbildung leidet unter Spardruck

Der Bundesrat hat die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) 1 für die Jahre 2017–2020 verabschiedet. Das Berufsbildungsbudget des Bundes soll in dieser Phase um 1.4% bei einer angenommen Teuerung von 0.9% steigen. Dieser Vorschlag genügt in keiner Weise. Das bundesrätliche Ziel „Die Schweiz bleibt führend in Bildung, Forschung und Innovation, und das inländische Arbeitskräftepotenzial wird besser ausgeschöpft“, wird so nicht erreicht. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, wird sich dafür einsetzen, dass in der parlamentarischen Debatte Korrekturen vorgenommen werden.

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Ärztliche Grundversorgerinnen und Grundversorger gesucht

Es braucht mehr Ärzte. Der Bund will deshalb in den Aufbau neuer Studienplätze investieren. Gegen 100 Millionen möchte er dazu zur Verfügung stellen. Die Hochschulen können sich um die Bundesgelder bewerben. Wer wird das Rennen machen? Für Travail.Suisse ist wichtig, dass jene Studienorte den Zuschlag erhalten, welche bestrebt sind, die Anzahl der ärztlichen Grundversorgerinnen und Grundversorger zu erhöhen.

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Begünstigung der Weiterbildung

Am 1. Januar 2017 tritt das erste eidgenössische Weiterbildungsgesetz WeBiG in Kraft. Sein Zweck ist es, die Weiterbildung im Bildungsraum Schweiz zu stärken (vgl. Art. 1.1 WeBiG).

Unter anderem verlangt das Weiterbildungsgesetz von den öffentlichen und privaten Arbeitgebern, dass sie die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begünstigen (Art. 5.2 WeBiG). Konk-ret bedeutet dies, dass sie ihre Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeitenden auch im Hinblick auf die Weiterbildung wahrzunehmen haben, indem sie zum Beispiel ein günstiges Umfeld für Bildung im Unter-nehmen schaffen. Dabei appelliert das WeBiG bei der Umsetzung der Fürsorgepflicht an die Selbstverantwortung der Arbeitgeber. Aus Arbeitnehmersicht darf daher erwartet werden, dass ein Arbeitgeber in einem betrieblichen Weiterbildungsleitbild den Mitarbeitenden aufzeigt, wie er seine „Selbstverantwortung“ in Bezug auf die Weiterbildung wahrnehmen will und wie er seine finanzielle, zeitliche und organisatorische Unterstützung der Mitarbeitenden im Hinblick auf die Weiterbildung sieht.

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Kompetenzmanagement: Aktiv dem Fachkräftemangel entgegenwirken

Ich hatte die Möglichkeit, an der VKM-Tagung vom 04.12.2015 ein Kurzreferat zum Kompetenzmanagment zu halten. Meine Grundthese:

Die Bewältigung des Fachkräftemangels ist auf Bildungsmassnahmen (formal, nonformal, informell) angewiesen. Damit diese effizient und zielgerichtet stattfinden können, braucht es ein kluges Kompetenzmanagement.

VKM Fachkräfteproblematik

Medizinische Grundversorgung sicherstellen: Es braucht mehr als nur mehr Ärzte

Die Debatte um die Ausbildung von mehr Ärzten ist voll im Gang. Endlich! Mit dem Sonderprogramm des Bundes, das 100 Millionen Franken für mehr Studienplätze in der Humanmedizin zur Verfügung stellen will, wurde diese notwendige Diskussion angestossen. Eine wichtige Rolle bei den bevorstehenden Entscheidungen wird der ständige Ausschuss für Fragen der Hochschulmedizin haben (vgl. Art. 15.1a HFKG). Er wird die Vorabklärungen in Bezug auf Effizienz, Effektivität und die Nachhaltigkeit der eingegeben Projekte der Hochschulen machen.

Travail.Suisse unterstützt diesen geplanten Prozess und die beabsichtigten finanziellen Aufwendungen. Trotzdem möchten wir auf vier Punkte hinweisen, die uns wichtig sind und in der Gefahr stehen, in der hitzigen Debatte vergessen zu werden:

1. Die Schweiz braucht nicht einfach mehr selbstausgebildete Ärzte, sondern mehr Hausärzte und Hausärztinnen, um die medizinische Grundversorgung sicherstellen zu können. Bei der Auswahl der Projekte ist dies zu berücksichtigen. Die Projekte sollten zeigen, was sie unternehmen, um dieses Ziel besser erreichen zu können.

2. Um die medizinische Grundversorgung auch in Zukunft garantieren zu können, ist zwar das Ziel anzustreben, gegen 400 (Haus-)Ärzte pro Jahr mehr in der Schweiz auszubilden. Aber es sind auch andere Massnahmen anzupacken, wie sie in einem Bericht des Bundesrates ausformuliert wurden . Die Frage stellt sich: Braucht es für die eine oder andere Massnahme allenfalls auch eine Anschubfinanzierung durch den Bund?

3. Das Problem des Ärztemangels kann nur entschärft werden, indem das Potenzial der verschiedenen Gesundheitsberufe optimal ausgenutzt wird. Die Zahl plus 400 (Haus-)Ärzte funktioniert nur, wenn die Leistungen, welche nicht zwingend durch sie erbracht werden müssen, durch andere Gesundheitsberufe übernommen werden. Die Entscheidungen diesbezüglich sind daher parallel zum Aufbau von mehr Studienplätzen für (Haus-)Ärzte vorwärtszutreiben. Die Fragen, die sich hier aufdrängen, lauten: Welcher Auf- und Ausbau ist allenfalls nötig bei den verschiedenen Gesundheitsberufen? Welche Bildungsanbieter übernehmen diesbezüglich den Lead? Wer trägt die allfälligen Investitionskosten?

4. Die gemachten Überlegungen zeigen, dass das Problem der medizinischen Grundversorgung nicht allein durch die universitäre Humanmedizin gelöst werden kann. Die anderen Bildungsbereiche (Fachhochschulen, Höhere Fachschulen) sind daher mit ihrem Knowhow auch in die Diskussionen einzubinden.

Verordnung zur Weiterbildung: Die wichtige Frage der nationalen Koordination ist nicht gelöst

Am 2. Oktober 2015 endete die Vernehmlassungsfrist zur Verordnung zum Weiterbildungsgesetz. Aus Sicht von Travail.Suisse, dem unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, werden mit dieser Verordnung wichtige Weichenstellungen für die Entwicklung der Weiterbildung in der Schweiz vorgenommen. Allerdings hängt die Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes nicht nur von der Verordnung selber, sondern auch von den vorhandenen finanziellen Mitteln ab, die im nächsten Jahr im Rahmen der BFI-Botschaft für die Jahre 2017 bis 2020 vom Parlament definiert werden. Angesichts des herrschenden Spardrucks ist zu befürchten, dass es die Weiterbildung schwer haben wird.

Das Weiterbildungsgesetz (WeBiG) hat das Globalziel, die Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens im Bildungsraum Schweiz zu stärken und den Erwerb und den Erhalt der Grundkompetenzen Erwachsener zu fördern. Die vorliegende Verordnung (WeBiV) weist grundsätzlich in die richtige Richtung.

Die seit Jahrzehnten geübte Praxis, dass gesamtschweizerische Organisationen der Weiterbildung für ihre übergeordnete Leistung für die Weiterbildung vom Bund unterstützt werden, findet nun in einer Verordnung ihre klarere Regelung. Das ist zu begrüssen. Zu unterstützen ist insbesondere die Neuerung, dass sich Finanzhilfen nach der Dauer einer BFI-Periode richten (Art. 3.3 WeBiV). Das schafft mehr Sicherheit für die Organisation der Weiterbildung und mehr Transparenz und Synergiemöglichkeiten unter den verschiedenen Organisationen der Weiterbildung (Art.4.4 (WeBiV).

Auch die Regelungen bzgl. dem Erwerb und dem Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener sind unterstützungswürdig. Vor allem die Erarbeitung von strategischen Zielen, die alle vier Jahre überprüft werden, bildet eine gute Basis für die Entwicklung dieses Bildungsbereiches (Art. 8 WeBiV). Allerdings wird zu einseitig auf die Umsetzung durch die Kantone gesetzt. Gerade wenn auf der Ebene von Branchen gesamtschweizerische Projekte ins Auge gefasst werden oder die strategischen Ziele nahelegen, dass der Bund eine nationale Kampagne fahren soll, fehlen die entsprechenden Möglichkeiten in der Verordnung. Hier muss die Verordnung nachgebessert werden.

Umsetzung muss vom Bund koordinert werden

Ganz problematisch ist, dass sich der Bund in dieser Verordnung der Frage entzieht, wie die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes (Art. 5-9 WeBiG) in den Dutzenden von Spezialgesetzen koordiniert umgesetzt werden sollen. Dazu braucht es unbedingt ein Koordinationsorgan zwischen Bund und Kantonen, in dem auch die Organisationen der Arbeitswelt und die Organisationen der Weiterbildung mit beratender Stimme Einsitz haben sollen. Ohne ein solches Organ schafft das neue Gesetz kaum einen Mehrwert für die Teilnehmenden. Das neue Gesetz sollte aber gerade im Hinblick auf die Transparenz, die Qualität und die Vereinfachung der Anerkennung von non-formalen Bildungsleistungen an das formale Bildungssystem Vorteile gegenüber der heutigen Situation schaffen. Das verlangt aber, dass insbesondere Art. 6 WeBiG nicht in jedem Spezialgesetz und nicht in jedem Kanton unterschiedlich umgesetzt wird.

Schafft der Bund kein Organ, dass die Ziele nach Art. 4 WeBiG konkretisiert und die Umsetzung der Art. 5-9 WeBiG koordiniert, bleibt das Weiterbildungsgesetz auf weite Strecken toter Buchstabe. Wenn dann noch das Parlament in diesem Bereich spart, wird das neue Weiterbildungsgesetz keine Hilfe sein bei der Bewältigung der demografischen Herausforderung und des Fachkräftemangels.

Vernehmlassung WeBiV Travail.Suisse

Blitzlichter zur demografischen Entwicklung in der Schweiz

Bei der Organisation FocusMEM konnte ich am 26.05.2015 einen Workshop zum Thema „Demografie und Berufsbildung“ geben. Das folgende Diagramm zeigt die Brisanz des Themas an:

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Die  Balken zeigen den aktuellen Vergleich zwischen den heute 65-Jährigen und heute 20-Jährigen an. Heute (2015) gibt es in etwa gleich viele 65-Jährige (blauer Balken) und 20-Jährige (oranger Balken). Das heisst das Potential der heutigen BerufseinsteigerInnen (20-Jährige) und das Potential der heutigen BerufsaussteigerInnen (65-Jährige) hält sich in etwa die Waage. Im Jahre 2025, wenn die heute 10-Jährigen vor dem Berufseinstieg stehen und die heute 55-Jährigen vor dem Berufsausstieg stehen, beträgt der Unterschied rund 40’000. Das heisst es treten nach diesem Diagramm rund 40’000 Personen mehr aus dem Arbeitsmarkt aus als ein.

Präsentation Blitzlicht zur demografischen Entwicklung

Ältere Arbeitnehmende: Dequalifizierungen vorbeugen

Arbeitnehmende im Alter zwischen 50 und 65 Jahren sind in den Fokus der nationalen Politik gerückt. Einerseits sehen Politikerinnen und Politiker in den älteren Arbeitnehmenden ein grosses Potenzial, das zur Bekämpfung des Fachkräftemangels eingesetzt werden kann. Andererseits ist man aber beunruhigt über die erhöhte Langzeitarbeitslosigkeit der älteren Arbeitnehmenden und fragt sich, wie diese besser wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Lösungen werden insbesondere von der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik erwartet. Aus Sicht von Travail.Suisse, dem unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, ist das zu kurzsichtig. Von zunehmender Bedeutung ist vor allem, eine fundierte bildungspolitische Diskussion über die älteren Arbeitnehmenden zu führen.

Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende, Anreize für Betriebe, ältere Arbeitnehmende länger zu beschäftigen, Diskriminierungsverbot bei Stellenausschreibungen, Einarbeitungszuschüsse für ältere Arbeitnehmende, altersgerechte Arbeitsbedingungen, altersunabhängige Pensionskassenbeiträge: Das alles sind Lösungsvorschläge, welche die Politik bereithält, um die Situation der 50- bis 65-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Sie leisten sicherlich einen wichtigen Beitrag, um die Erschwernisse, welchen die älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sind, abzubauen. Aber eines darf nicht übersehen werden: Eine Stelle behält oder erhält ein älterer Arbeitnehmender nur, wenn er oder sie über die notwendigen und vom Arbeitsmarkt verlangten Kompetenzen verfügt. Was dies bedeutet, wird in der Politik kaum diskutiert, geschweige denn konkretisiert. Die bildungspolitische Diskussion wird bis heute kaum geführt.

Wenig bildungspolitische Vorstösse – ohne Konsequenzen
Bisher hat sich das Parlament aus bildungspolitischer Sicht nur wenig mit den älteren Arbeitnehmenden auseinandergesetzt. Vorstösse diesbezüglich wurden einerseits von CVP-Nationalrat Martin Candinas (2013) und andererseits von SP-Nationalrätin Bea Heim (2014) eingereicht. Candinas forderte den Bundesrat auf, „(…) zu prüfen, was aus bildungspolitischer Sicht unternommen werden muss, damit das Risiko von Dequalifizierungen von älteren Arbeitnehmenden minimiert wird und Weiterbildungsangebote geschaffen werden, die den Bedürfnissen der älteren Arbeitnehmenden entsprechen“. Der Bundesrat wie auch der Nationalrat haben zwar dieses Postulat angenommen. Passiert ist bisher aber nichts.

Der Blick auf die 40 bis 50-Jährigen
Sollen die älteren Arbeitnehmenden besser im Arbeitsmarkt integriert bleiben und auch angesichts des Fachkräftemangels eine gewichtigere Rolle spielen, so ist alles zu unternehmen, damit sie ihre Beschäftigungsfähigkeit behalten und ausbauen können. Dies bedingt einerseits, dass sie im Alter aufgrund von Dequalifizierungen nicht in berufliche Sackgassen geraten, so dass sie trotz freien Stellen nicht angestellt werden, und andererseits, dass sie sich die neuen, notwendigen Kompetenzen frühzeitig aneignen und sich so als wichtige Leistungsträger ausweisen und bewähren können. Bildungspolitische Massnahmen zugunsten der älteren Arbeitnehmenden können dabei nicht erst bei den 50- oder 55-Jährigen ansetzen. Eine Bildungspolitik zugunsten der älteren Arbeitnehmenden muss spätestens in der Mitte des Arbeitslebens beginnen, das heisst kurz nach dem 40. Lebensjahr.

Beispiel 1:
Horizontale Karrieren, die von Personen mit körperlich anspruchsvollen Berufen ins Auge gefasst werden müssen, damit sie trotz körperlichen Gebrechen im Arbeitsmarkt bleiben können, dürfen nicht erst nach 50 angepackt werden. Solche Wechsel müssen frühzeitig und längerfristig geplant werden, damit sie gelingen.

Beispiel 2:
Ebenso müssen Personen, die im Verlaufe ihres Berufslebens das Berufsfeld geändert haben, frühzeitig damit beginnen, ihre neuerworbenen Kompetenzen zu dokumentieren, Fehlendes zu ergänzen und auf einen neuerlichen Berufsabschluss hinzuarbeiten. Erfahrungen in einem Beruf genügen bei einem Stellenwechsel oft nicht. In diesem Fall ist es häufig notwendig und hilfreich, wenn man nicht nur auf die lange Berufserfahrung, sondern auch auf einen erreichten Berufsabschluss hinweisen kann.

Beide Beispiele zeigen, dass gerade bei der Auseinandersetzung mit den älteren Arbeitnehmenden der Blick schon auf die 40- bis 50-Jährigen gerichtet werden muss, um der potenziellen Dequalifizierung von älteren Arbeitnehmenden frühzeitig vorzubeugen. Und sie zeigen, dass die Bildungspolitik heute über keine Massnahmen verfügt, welche die 40- bis 50-Jährigen motiviert, in diese Qualifizierungsprozesse einzusteigen. Da ist die Bildungspolitik heute und in Zukunft gefordert.